V. Mironov : другие произведения.

Ich war in diesem Krieg

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    Die originale Version des Buches finden Sie unter: http://zhurnal.lib.ru/m/mironov_v_n/


   Vjatscheslav Mironov. "Ich war in diesem Krieg" (Tschetschenien-1995)
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   Vjatscheslav Mironov - wurde 1966 in Kemerovo, in der Familie eines Militaerangehoerigen geboren. Er wollte sich an dem "Marijski Politechnisches Institut" bewerben, beendete aber die "Kemerovo Militaerkommandantenschule der Nachrichtentruppen". Seinen Dienst leistete er in Kischinev, Kemerovo, Novosibirsk, momentan dient er (nicht in den Streitkraeften) in Krasnojarsk. Er war in verschiedenen Dienstgraden im Einsatz in Baku, Zhinvali, Kutaisi, Pridnestrovje, Tschetschenien. Mironov war zweimal verwundet, hatte unzaehlige Kontusionen (voruebergehender Gehoerverlust). Er ist verheiratet, erzieht einen Sohn. Zuhause hat er zwei Hunde. Studiert an dem "Sibirischen Juristischen Institut".
  
   In diesem Buch spielen sich die Ereignisse im Januar 1995 in der Stadt Grozny ab. Der Verfasser war unmittelbarer Zeuge und Teilnehmer der beschriebenen Geschehnisse.
  
  
   * Teil 1 *
  
  
  
   1
  
  
   Ich renne. Die Lungen explodieren. Das Atmen hat mich fertig gemacht. Man ist gezwungen zick-zack zu laufen, oder wie man bei uns in der Brigade sagt, "Schraubenartig".
   Gott, hilf mir... Hilf. Hilf mir dieses wahnsinnige Tempo auszuhalten. Es reicht, wenn ich hier raus komme, gebe ich das Rauchen auf. Zink, zink. Ein Heckenschuetze? Ich wirf mich auf den Boden und krieche, krieche aus der Schusszone.
   Ich bleibe liegen und denke, dass ich noch mal Glueck gehabt habe - kein Heckenschuetze, nur eine "verirrte Kugel".
   So, einwenig zu Atem kommen, orientieren und vorwaerts - den Kommandopunkt des ersten Bataillons der eigenen Brigade suchen. Nur ein paar Stunden zuvor kam von dort ein Bericht darueber, dass sie einen Heckenschuetzen gefangen genommen haben. Aus dem Bericht geht hervor, dass er Russe sei, nach seinen eigenen Angaben, sogar aus Novosibirsk. Scheiß Landsmann. Gemeinsam mit den Aufklaerern, auf zwei BMP's (Schuetzenpanzer), brach ich auf, um den Gefangenen zu holen, mein Partner blieb im Hauptquartier der Brigade.
   Beim Annaehern an den Bahnhof trafen wir immer oefter auf verbrannte, verstuemmelte Technik (Fahrzeuge, Panzer) und viele Leichen. Die Leichen unserer Brueder-Slawen, - das ist alles was von der Majkopskaja Brigade uebrig geblieben ist, die die Duhi (russ. Geister - Tschetschenen) in der Silvesternacht 94-95 erschossen, verbrennt haben. Oh Gott, hilf mir hier rauszukommen... Man erzaehlte, als das erste Bataillon die "Teufel" aus dem Bahnhofsgebaeude rausschlug, einer der Soldaten, nachdem er die Umgebung genau angeschaut hat, anfing wie ein Wolf zu heulen. Und seitdem hielten alle Abstand von ihm - ein Wahnsinniger. Geht nach vorne, wie verhext, nichts fuerchtet er und nichts jagt ihm Angst ein. Und solche verzweifelte gibt es in jeder Truppenabteilung - auch bei uns, und bei dem Feind. Ah Russland, was machst du den mit deinen Soehnen?! Man wollte den Burschen in ein Krankenhaus schicken, aber wie den - nicht mal die Verletzten koennen wir rausfuehren, und dieser ist zwar verrueckt, aber der kaempft. Auf dem "Festland" kann er ganz den Verstand verlieren.
   Gerade mal ein paar Haeuserblocks weiter gerieten wir unter einen wahnsinnigen Beschuss. Die Duhi schossen von oben, das Feuer war heftig - ca. 20 Gewaehre - aber unkoordiniert. Wir mussten den BMP stehen lassen und mit ein paar Soldaten zu Fuß zu unseren Stellungen vorruecken. Gut, dass die Leute einwenig erfahrener geworden sind, haben sich etwas gewoehnt. Am Anfang war es so, dass man wie dieser Soldat, wie ein Wolf heulen musste. Die Soldaten sind noch unerfahren, einige kriechen nach vorne, und die anderen muss man mit Arschtritten und Geschrei aus den Schuetzengraeben und den Fahrzeugen herauspruegeln. Ich selbst, na gut, hab Baku, Kutaisi, Zhinvali, Pridnestrovje hinter mir, und jetzt noch dieses Tschetschenien. Schau ma mal, nur aus dieser Hoelle herauskommen. Nur unversehrt. Wenn ich ein Krueppel werden sollte, dann habe ich ein nettes Spielzeug in meiner Tasche - eine Granate RDG-5. Fuer mich wird's reichen. Hab schon genug gesehen wie die verkrueppelten Helden der vergangenen Kriege zu Friedenszeit leben, die die Befehle des Vaterlandes, der Partei, der Regierung und was weis ich noch wessen ausfuehrten, fuer die "Wiederherstellung der Verfassungsordnung" in saemtlichen Gebieten der ehemaligen Union. Und jetzt wieder einmal zerstoeren wir unsere, russische Erde auf den geheimen Befehl von Irgendjemanden...
   Das alles blitzte in sekundenschnelle im Kopf auf. Umgeschaut - drueben, nicht weit haben sich meine Kaempfer verschanzt, schauen herum. Die Fressen sind schwarz, nur die Augen und die Zaehne leuchten. Ich selber bin wahrscheinlich auch nicht besser. Ich zeige dem einen mit dem Kopf, den anderen mit der Hand die Bewegungsrichtung - vorwaerts, vorwaerts zick-zack, "Schraubenartig", rollen. In der Winterjacke kommt man nicht sehr weit mit dem Rollen. Der Schweiß ueberschwaemmt die Augen, von den Kleidern steigt Dampf auf, im Mund der Blutgeschmack, in den Schlaefen donnert es. Man hat Adrenalin im Blut bis zum umfallen. Wir sprinten auf kurze Distanzen ueber zerbrochene Ziegeln, Beton, Glas, versuchen offene Stellen der Strasse zu meiden. Sind bisher noch am Leben, Gott sei dank.
   Zink, zink! Verdammte Scheiße, wirklich ein Heckenschuetze? Wir schluepfen in einen naheliegenden Keller. Die Granaten sind bereit - was oder wer erwartet uns dort? Ein paar Leichen. Der Uniform nach sindЄs unsere - Slawen. Mit einem Kopfnicken zeige ich das einer aus dem Fenster beobachten soll, selber stelle mich beim Eingang hin. Der zweite Soldat kniet ueber einen der Getoeteten nieder, nimmt seine Papiere, reißt ihm seine Erkennungsmarke vom Hals. Das selbe macht er mit dem zweiten. Den Burschen ist es schon egal, aber die Familien muessen unbedingt verstaendigt werden. Ansonsten werden diese "Klugscheißer" von der Regierung ihnen keine Pension zahlen, mit der Begruendung, dass die Soldaten verschollen, oder gar zum Feind uebergelaufen sind.
   - Und hast du die Papiere? - frage ich.
   - HabЄs, - antwortet Gefreiter Semenov, auch als "Semen" bekannt. - Wie werden wir weiter gehen?
   - Jetzt ueber den Keller kommen wir auf die andere Straße, dort ist schon das erste Bataillon. Haben wir Verbindung zu ihnen? - frage ich den Funker, Gefreiter Harlamov. Spitzname "Kleber". Riesige Haende hat der, schauen aus den Aermeln heraus, wenn man ihn zum ersten mal sieht, glaubt man das diese Haende einem Gorilla rausgerissen und einem Menschen angenaeht wurden. Aber warum er den Spitznamen "Kleber" bekommen hat, weis niemand mehr.
   Unsere Soldaten sind alle aus Sibirien. Und alle gemeinsam sind wir "MACHRA", vom Wort Machorka (selbstgezuechtetes, billiges Tabak). Nur in den Buechern ueber den zweiten Weltkrieg und in den Filmen nennt man die Infanterie "die Koenigin der Felder", im wirklichen Leben nennt man sie - "MACHRA". Und ein einzelner Infanterist ist ein "MACHOR". So ist's.
   - Und nimm Verbindung mit den "Schachteln" (Panzer) auf, - das sind unsere BMP's die wir in der Naehe des Bahnhofs gelassen haben, - frag, wie es bei ihnen steht.
   "Kleber" ging vom Fenster weg und fing an in das Funkgeraet zu nuscheln, zuerst mit der Kommandozentrale des ersten Bataillons und anschließend mit unseren BMP`s.
   - Alles klar, Herr Hauptmann - berichtet der Funker. - "Huegel" wartet auf uns, die "Schachteln" wurden beschossen, sie haben sich um ein Haeuserblock zurueckgezogen.
   - Gut, gehen wir, sonst erfrieren wir noch, - huste ich. Endlich atme ich wieder normal, ich spuke einen gelb-gruenen Schleim auf den Boden - Folgen des jahrelangen Rauchens. - Ah, sagte doch die Mama zu mir: "lern Englisch".
   - Und zu mir sagte sie: "Du sollst nicht in den Brunnen herumkriechen", - meldet auch der Semen.
  
   Nachdem wir aus dem Fenster auf der anderen Seite des Hauses rausschauten und keine Spuren der Anwesenheit des Gegners entdeckten, rannten wir, fast vierfach geduckt, in kurzen Sprinten richtung Bahnhof. Ueber der Stadt donnern die Flieger, lassen Bomben fallen und beschießen aus unerreichbarer Hoehe Positionen von Irgendwem. Hier gibt es keine einzige Frontlinie. Die Gefechte werden stellenweise gefuehrt, und manchmal sieht es wie ein Blaetterteigkuchen aus: Duhi, unsere, wieder duhi usw. Kurzgesagt - ein Irrenhaus, Zusammenarbeit gibt es so gut wie keine. Besonders schwierig ist es mit den Streitkraeften des Innenministeriums zu arbeiten. Eigentlich ist es ihre Operation, uns wir - machra - machen fuer sie die ganze Arbeit. Nicht selten passiert es das wir gleichzeitig ein und dasselbe Objekt stuermen, nichts von einander wissend. Manchmal leiten wir die Flieger und die Artillerie auf sie, und sie auf uns. In der Dunkelheit fangen wir miteinander Gefechte an, nehmen eigene Soldaten gefangen.
   Und jetzt wiedereinmal gehen wir richtung Bahnhof, wo fast die ganze Majkopskaja Brigade verreckt ist. Verschwand in der Silvesternacht, ohne vorher die Zugaenge, die Zusammensetzung und die Anzahl der Duhi genau zu erkundigen. Als die Majkopzi nach dem Gefecht sicht zu entspannen anfingen und einzuschlafen begannen - kein Wunder, mehr als eine Woche kein Schlaf, die Soldaten hielten sich nur dank Wodka und Adrenalin wach - kamen die Duhi ganz nah und erschossen sie aus kurzer Distanz. Alles wie beim Chapajev, der die Wachposten zu postieren vergessen hat. Und hier sind die Wachleute eingeschlafen, so schlitzte man sie leise auf. Es brannte alles was brennen konnte. Von dem rausgeschuettetem Treibstoff brannte die Erde, der Asphalt, die Haeuserwaende. Die Menschen rannten in diesem Hoellenfeuer umher: einige schossen zurueck, manche halfen den Verwundeten, manche haben sich selbst erschossen, um nur nicht in die Haende der Duhi zu geraten, manche rannten davon - man darf sie nicht deswegen verurteilen. Und wie haettest du dich, Leser, in dieser Hoelle verhalten? Weist es nicht? Na also, und deswegen hast du kein Recht ueber sie zu urteilen.
   Niemand weis wie sie starben. Der Kommandeur der Brigade hatte beide Beine mehrmals gebrochen, und gab bis zum Schluss Befehle, obwohl er sich in ein sicheres Gebiet zurueckziehen konnte. Gott, bewahre ihre Seelen und unsere Leben...
   Als unsere Brigade, mit schwaeren Gefechten, zu den Majkopzi durchgedrungen ist, mussten sich die Panzer durch Haufen von Leichen durchbrechen, durch die Leichen unserer Brueder-Slawen... Und wenn du siehst, wie die Ketten der Panzer und der BMPЄs die Leibe zerbrechen, zermalen, die Eingeweide auf die Raeder aufrollen, die Eingeweide jener, die genauso sind wie du; wenn mit einem Knirschen ein Kopf unter der Panzerkette zerplatzt, und alles herum faerbt sich mit einer grau-roten Hirnmasse, - einer Hirnmasse, eines vielleicht nicht zustandegekommenen Genies, Poeten, Wissenschaftlers oder einfach eines guten Kerls, Vaters, Bruders, Sohnes, Freundes, der nicht feige war, nicht davongerannt ist, sondern in dieses verschissene Tschetschenien fuhr, der vielleicht bis zum Schluss nicht ganz begriffen hat was ueberhaupt passiert ist; wenn die Stiefel auf einer blutigen Masse ausrutschen - dann ist das wichtigste ueber nichts nachzudenken, sich nur auf eins zu konzentrieren: vorwaerts und ueberleben, vorwaerts und ueberleben, die Leute heil zurueckbringen, weil die Soldaten die du verlierst in deinem Schlaf wiederkommen werden. Und dann wirst du Beerdigungsbriefe und Leichenidentifikationsberichte schreiben muessen.
   Dem schlimmsten Feind wuensche ich so eine Arbeit nicht. Lieber, in einer Attacke ersaufen, mit herausdrueckenden Augen, mit dem lieben AKS von links nach rechts herumballern, als in einem Feldbunker diese schrecklichen Dokumente zu schreiben. Wozu alle diese Kriege? Aber, ehrlich gesagt, keiner von uns hat bis zum Ende begriffen was hier geschieht und was hier geschah. Es gibt nur ein Ziel - ueberleben und die Aufgabe ausfuehren, mit den minimalen Verlusten. Wenn du es nicht ausfuehrst - schicken die andere her, die vielleicht wegen deiner Unfaehigkeit, Feigheit, deines Wunsches Nachhause zurueckzukehren, unter dem Maschienengewehrfeuer zusammenbrechen, von den Granaten- und Minensplittern auseinandergerissen werden oder in Gefangenschaft geraten. Und alles wegen dir. Ein ungutes Gefuehl eine solchen Verantwortung zu tragen, nicht? Find ich auch.
  
   "Kleber" bemerkte eine Bewegung in dem Fenster eines fuenfstoeckigen Hauses, das an den Bahnhofsplatz anschloss, und konnte noch herausschreien: "DUHI!!" bevor er wegrollte. Ich und Semen verschanzten uns hinter einem Betonhaufen. "Kleber" fing an, hinter der Ecke auf das Fenster zu ballern, und wir machten wie verrueckt die Granatenwerfer zum schießen bereit.
   Ah, was fuer ein wunderbares Stueckchen dieser Granatenwerfer ist, auch liebevoll "podstvoljnik" oder "podstvoljnitschek" genannt. Wiegt aber nicht wenig - ca. 500g. Er wird unter dem Gewehr befestigt. Man kann direkt oder unter einem Winkel feuern. Er stellt ein kleines Rohr mit einem Abzug und einer Sicherung dar. Es gibt auch ein Visier, aber in den ersten Tagen der Kaempfe, haben wir uns so antrainiert, dass wir auch ohne ihn auskommen. Aus dem Granatenwerfer, Marke GP-25, kann man eine Granate in ein beliebiges Fenster reinwerfen, oder wenn noetig ueber jedes Gebaeude drueberschmeißen. Geradeaus schießt er auf ca. 400m Entfernung, Splitterradius - 14m. Toll! Wie viele Leben der schon in Grozny gerettet hat, kann man nicht mehr nachzaehlen. Wie soll man in einem rasanten Gefecht die Hecken- und die Scharfschuetzen aus den obersten Stockwerken eines Gebaeudes in der Stadt rausschlagen? Keine Ahnung. Bis du die Flieger, Artillerie erreichst, bis du dich zurueckziehst, oder bis du deine "Schachteln" geholt hast, die uebrigens von den Grenadieren verbrannt werden koennen... Aber so hat jeder Soldat einen eigenen Granatenwerfer, und raeuchert den Gegner allein aus. Es gibt noch einen unbestrittenen Vorteil der Granaten der Granatenwerfer, und der waere: sie explodieren beim Aufprall. In einem Haeuserkampf, wenn sich der Gegner in den oberen Stockwerken befindet, schmeißt man eine gewoehnliche Handgranate hin, die aber, nachdem du den Ring rausgezogen hast, eine Verzoegerung von 3-4 Sekunden hat. Du ziehst den Ring raus, schmeißt sie nach oben, und die scheiß Granate schlaegt irgendwo auf und fliegt zu dir zurueck. Erst spaeter, am 15-17 Jaenner, brachte man uns die "Berg"- oder wie wir sie nannten "AfganGranaten". Dieses Teil explodiert nur dann, wenn es auf etwas hartes aufschlaegt. Und noch vor dem, ist jemand auf eine Idee draufgekommen: wenn man eine Granate von dem Granatenwerfer gegen die Stiefelsohle aufschlagt, wird die Granate scharf - und dann schmeißt man die Kleine weit weg. Und wenn sie auf einen Wiederstand aufstoeßt, explodiert sie und loescht alles Leben in der Umgebung aus.
   So fingen wir mit dem Semen an die Granaten mit dem Granatenwerfer in das Fenster zu schießen, in dem "Kleber" eine Bewegung bemerkte. Semen schaffte es beim ersten Versuch, ich beim zweiten. Die erste, Hure, prallte gegen die Mauer und explodierte. Ein Teil der Wand fiel runter und wirbelte eine riesige Staubwolke auf.
   Wir nutzten dies und ueberquerten zu dritt, auf das Haus blickend, die offene Stelle. Laufend und Kriechend schafften wir es, nach zwei Haeusern, endlich bis zu den Eigenen.
   Diese Vollidioten haben uns vor Schreck fast niedergeschossen, da sie uns am Anfang fuer die Duhi hielten.
   Sie begleiteten uns bis zur Kommandostelle, wo wir den Kombat (Kommandeur eines Bataillons) fanden.
  
   Ein harter Hund ist der Kombat. Besonders groß ist er nicht, aber als Kommandeur, als Mensch - eine Groeße. Na ja, was soll man sagen, unsere Brigade hatte echtes Glueck mit den Kommandeuren. Ich werde nicht lang die guten und die schlechten Seiten jedes einzelnen beschreiben, sag nur eins - echte Maenner. Jemand der gedient, gekaempft hat, der wird verstehen was das bedeutet.
   Der Kommandopunkt des ersten Bataillons befand sich in dem Keller des Bahnhofes. Als wir hereinkamen, beschimpfte der Kombat jemanden ueber das Feldtelefon.
   - Teufel noch mal, wo willst du hin, du Idiot! Sie locken dich, Trottel, heraus und du, mit deinen "Moechtegernkaempfern", rennst ihnen entgegen. Fuehre eine Saeuberung durch, alles rund um dich, mach sauber! Sodas es keinen einzigen Duh in deiner Zustaendigkeitszone gibt! - schrie der Kombat in den Hoerer. - Die "Schachteln" ziehst du zurueck, die machra soll arbeiten! Selber bleibst du auf dem Beobachtungsposten und schaust nicht mal raus!
   Er schmiss den Telefonhoerer und sah mich.
   - Servus, - laechelte er.
   - Stets zur Hilfe, - sagte ich und gab ihm die Hand.
   - Was gibt's neues im Stab? Las uns essen gehen, - schlug der Kombat vor und schaute mich mit Freude an. Ein bekanntes Gesicht in dem Krieg zu sehen - das ist eine Freude. Das bedeutet, dass nicht nur du Glueck hast, auch deine Kameraden.
   Noch vom Gefecht, der Rennerei und der Schießerei mitgenommen, wusste ich - wenn man jetzt nichts trinkt, wenn man sich nicht beruhigt, bekommt man ein Nervenzittern im ganzen Koerper. Oder umgekehrt, man versetzt sich in einen halbhysterischen Zustand, man will reden, reden... Deshalb nahm ich dieses Angebot zu Tisch, dankend an.
   Der Kombat setzte sich auf die Munitionskisten und rief leise: "Ivan wir haben Gaeste, komm essen". Aus dem benachbarten Kellerraum kam der Stabsleiter des ersten Bataillons, Hauptmann Iljin. Duenn, wenn nicht mager, ein begeisterter Volleyballspieler, aber bei der Arbeit ein Pedant, Akkuratest. Im normalen Leben immer gepflegt, gebuegelt, glaenzend, unterschied er sich jetzt kaum von allen anderen. Genauso durchraeuchert, unrasiert, nicht ausgeschlafen.
   - Servus, Slawa, - sagte er, und seine Augen blitzten einwenig auf. Wir beide waren fast gleich alt, nur war ich - Offizier des Stabs der Brigade und er, Stabsleiter eines Bataillons. Und wir beide waren Hauptmaenner. Mich und den Ivan hat eine lange Freundschaft verbunden, unsere Frauen und Kinder waren auch befreundet.
   Ich unterdrueckte meine Emotionen nicht und wir umarmten uns. Nach meinem kleinen Spaziergang meldeten sich jetzt die Nerven.
   Um meine Kaempfer hatte ich keine Sorgen, sie befinden sich jetzt unter den Eigenen, also werden sie bestimmt was zu Essen und ein warmes Platzchen bekommen.
   - Slawa, kommst du um den Heckenschuetzen abzuholen? - fragte Kombat.
   - Ihn, wen den sonst, - antwortete ich. - Wie habt ihr diesen Hurensohn geschnappt?
   - Dieser Arsch hat uns drei Tage keine Ruhe gegeben, - Ivan wurde ernst. - Verschanzte sich in der Naehe des Bahnhofs und ballerte auf uns ueber den Platz. Drei Kaempfer hat er erledigt und den ersten Stellvertretenden der Kompanie hat er am Bein verwundet. Und eine Evakuierungsmoeglichkeit gibt es nicht. Die Sanitaeter haben wir hierher geholt, sie haben ihn an Ort und Stelle operiert.
   - Und, wie geht's ihm, - fragte ich, - die Geschichte mit den Sanitaetern hab ich gehoert, tolle Arbeit, gibt's nichts, aber wie ist der Stellvertretende - wird der leben, gehen?
   - Das wird er, - bestaetigte der Kombat mit Freude, - nur hab ich ihn abgesetzt, und du weist es ja, viele Zugsfuehrer gibt's nicht, also kommandieren die "Dvuchgadjuschniki" (Eine abwertende Bezeichnung fuer die Absolventen eines Institutes, die fuer 2 Jahre, im Range eines Offiziers, einberufen wurden). Aber dieser, glaub ich, ist ein kluger Bursche. Ein Hitzkopf vielleicht, will wie der Chapai auf dem flinken Pferd, das ganze Tschetschenien befreien.
   - Was hatte der Scharfschuetze bei sich? - frage ich. - Vielleicht ist er ja gar kein Scharfschuetze, sondern irgendein verrueckter, durchgeknallter Einwohner, es rennen jetzt genug von denen in der Stadt herum.
   Der Kombat war am Anfang vielleicht sogar einwenig beleidigt. Ivan sprang auf, rannte in sein Kammerl und holte ein SKS Gewehr (russisches Gewehr). Nur das Zielfernrohr war auslaendischer Produktion, das hab ich gleich bemerkt, - hab schon solche gesehen, wahrscheinlich ein japanisches Zielfernrohr. Ein gutes Spielzeug.
   Pal Palitsch - kombat - erzaehlt uns, waehrend wir mit dem Ivan den Karabiner anschauen, dass man in den Taschen des Festgenommenen zwei Packungen mit Patronen fand, und bei seinem "Liegeplatz" - von wo er aus die Soldaten beschoss - fand man eine Palette Bier und zwei Stangen Zigaretten. Waehrend Palitsch das erzaehlte, deckte er den Tisch: schnitt Brot her, machte Dosen mit Tuschonka (Dosenfleisch), Zuckermilch, von irgendwoher gefundenen Salaten, eingelegten Tomaten und Gurken auf. Schließlich stellte er auf den improvisierten Tisch ein Flasche Wodka.
   Waehrenddessen habe ich die Einschnitte auf dem Gewehrkolben gezaehlt: es waren zweiunddreißig. Zweiunddreißig abgerissene Leben. Wie die Scharfschuetzen arbeiten, haben wir selber erfahren muessen. Als wir in der Nacht in die Stadt einmarschierten und uns nach den, noch aus der vorkriegszeitstammenden, Karten orientieren mussten - haben die uns empfangen. Und obwohl wir wie verrueckt rassten, uns fast die Koepfe in dem BMP einschlugen, die Zaehne von der wahnsinnigen Fahrt zermalten und jeden und alles verfluchten, schafften es die Scharfschuetzen, die hin und her wankenden Antennen der, vorbeifahrenden Fahrzeuge wegzuschießen, und das bei Nacht, durch die Staubwolken. Und als unsere Truppen ohne Verbindung waren, schickten die Kommandeure die Soldaten nachzuschauen was passiert war, - und in diesem Augenblick toetete sie der Scharfschuetze. Die Duhi haben auch einen anderen Trick: sie toeten den Menschen nicht, sie verletzten ihn, - schießen auf die Beine, damit man nicht wegrennen kann, und warten. Die Verwundeten schreien, und die Scharfschuetzen erschießen jene die zur Hilfe eilen, wie die Huehner. Auf diese Art hat die Brigade ca. dreißig Leute durch die Scharfschuetzen verloren, deshalb haben wir eine besondere Rechnung mit ihnen offen. Es ist sogar komisch, dass die Kaempfer dieses Dreckschwein lebend gefangengenommen haben.
   In dem zweiten Bataillon hat man vor Tagen einen "Liegeplatz" entdeckt, allen Anzeichen nach - von einer Frau. Alles wie ueblich: ein Sofa oder ein Sessel, alkoholfreie Getraenke, im Gegensatz zu Scharfschuetzen-Maennern, irgendein Stofftier. Nicht weit weg war das Gewehr versteckt. Den ganzen Tag haben die Maenner im Versteck verbracht, ohne sich zu bewegen. Man kann nicht auf die Toilette, man kann nicht rauchen. Und sie hatten Glueck. Was da los war - weis keiner, aber die Tschetschenin flog wie ein Voegelchen vom Dach eines neunstoeckigen Hauses, und auf ihrem Weg zur Erde wurde sie von einer Granate zerfetzt. Die Maenner haben danach feierlich geschworen, dass sie den Schweißgeruch der Soldaten bewerkte und sofort zum Dach rannte, von dem aus sie dann runtersprang. Alle haben natuerlich bemitleidend mit dem Kopf genickt und haben bedauert, dass sie ihr bei ihrem Flug nicht geholfen haben. Niemand glaubte, dass sie sich, bei ihrem Abschiedsflug, selber mit der Granate toetete. Soweit ich weis, begehen die Tschetschenen kein Selbstmord, das ist unser Merkmal - die Angst vor der Gefangenschaft, Entehrung, Folter. Nach diesem Zwischenfall hat der Kombat des zweiten Bataillons einen Spruch gesagt, der zur Devise unserer Brigade wurde: "Die Sibirier ergeben sich nicht, aber nehmen auch keinen gefangen".
  
   Waehrenddessen hat der Kombat Wodka eingeschenkt und ich mit dem Ivan setzten uns dazu. Wenn irgendeiner sagt, dass die Soldaten besoffen gekaempft haben, - spucke ihm ins Gesicht. In einem Krieg trinkt man gegen die Infektion, man kann nicht immer das Wasser aufkochen und die Haende gut waschen. "Rote Augen werden nicht gelb" - die Devise der Kriegssanitaeter. Das Wasser fuer das Essen, Trinken und Waschen mussten wir aus der Sunzha nehmen - ist ein kleiner Fluss, der durch das ganze Tschetschenien, und natuerlich durch Grozny durchfließt. Aber es schwammen so viele Menschen- und Tierleichen in diesem Fluss, dass man ueber die Hygiene nicht mal nachdachte. Nein, in einem Krieg wird sich keiner besaufen - ein sicherer Tod. Und die Kameraden werden es auch nicht erlauben - worueber wird wohl ein Besoffener, mit der Waffe in der Hand nachdenken?
   Wir hoben die weißen Plastikbecher - die wir auf dem "Severnij"-Flughafen mitgenommen haben - und schoben sie zusammen. Es klang nicht wie ein Anstoßen mit den Glaesern, er raspelte, "damit der Kommissar nichts hoert", scherzten die Offiziere.
   - Auf das Glueck, Maenner - sagte der Kombat, atmete die Luft aus den Lungen aus und schluckte ein halbes Glas Wodka.
   - Darauf, sei's verdammt, - meldete ich und trankt auch aus. Im Hals wurde es gleich heiß, eine warme Welle rollte in das Innere und stoppte im Magen. Im ganzen Koerper verteilte sich ein Gefuehl der Mattigkeit. Alle haben sich auf das Essen geschmissen - keiner weiß wann man das naechste mal in Ruhe essen kann. Brot, Tuschonka, Gurken, Tomaten, alles flog in den Magen. Diesmal schenkte Ivan ein, wir tranken und raspelten dabei mit den Bechern. Danach zuendeten wir uns eine an. Ich wollte zuerst meine eigenen Zigaretten, "TU-134", rausholen, die ich noch von Zuhause mit hatte, aber nachdem ich die "Marlboro" vom Kombat und Ivan sah, steckte ich sie wieder ein.
   - Vom Scharfschuetzen? - fragte ich, und nahm mir eine Zigarette von den beiden hingehaltenen Packungen.
   - Von ihm, ja, - antwortete der Kombat.
   - Was ist mit dem zweiten Bataillon? - fragte Ivan und zog kraeftig an.
   - Der versucht das hotel "Kavkaz" einzunehmen, jetzt werden wir ihnen das dritte Bataillon und die Panzer zur Hilfe schicken. Die Duhi haben sich fest verschanzt und geben es nicht so leicht her. Die Uljanovzi und die Morpehi (Marineinfanterie) stuermen die Minutka (Hauptplatz im Grozny) und den Dudajev-Palast, verlieren aber nur Leute. Viel Sinn hat das nicht.
   - Das heißt, dass man uns auch bald ihnen zur Hilfe schicken wird, - mischte sich der Kombat ins Gespraech ein. - Das ist schwieriger als die Flaschen mit dem Kopf zu zerschlagen, hier muss man denken wie man die Leute heil rausbringt und wie man die Aufgabe ausfuehrt. Niemals hab ich die Fallschirmspringer verstanden, wie kann man freiwillig und nuechtern aus einem Flugzeug rausspringen? - scherzte Palitsch.
   - Und ich habe die Grenztruppen nie verstanden, - meldete auch der Ivan, - vier Jahre bringt man ihnen bei wie man durchs Fernglass gucken und wie man mit dem Hund gehen soll. Spuert mein Herz, dass wir den Asphalt auf diesem verfickten Platz fressen werden.
   Heimlich hab ich schon beschlossen, dass ich den Scharfschuetzen nicht heil, bis zum Stab der Brigade, bringen werde. Sterben wird er, Wichser, durch eine "verirrte Kugel" oder durch einen "Fluchtversuch". Ist doch schon egal, alles was er erzaehlen konnte, hat er bereits erzaehlt.
   Nur im Kino versucht man den Gefangenen, durch psychologische Tricks, dazu zu bringen, alles was er weis zu erzaehlen, man versucht seine Ideologie zu brechen. Im wirklichen Leben ist alles einfacher. Alles haengt von der Kreativitaet, der Wut und der Zeit ab. Wenn man das Beduerfnis und die Zeit hat, kann man ihm, mit Hilfe einer Feile, den Zahnbelag abschleifen, oder mit dem Feldtelefon ueberzeugen. Ist so eine braune Schachtel mit einer Kurbel an der Seite. Man haengt zwei Draehte an den Gespraechspartner an und kurbelt langsam los, nachdem man ihm zwei, drei Fragen gestellt hat. So etwas macht man aber nur in einer gemuetlichen Umgebung oder wenn man den nachher in die Haende der Staatsanwaelte ueberreichen soll. Es bleiben keine Spuren. Es ist ratsam den Gefangenen vorher mit Wasser zu uebergießen. Und damit man keine Schreie hoert, laesst man irgendein schweres Panzerfahrzeug daneben laufen. Das ist aber nur was fuer Aestete.
   In dem Kampfgebiet ist alles viel einfacher - mit dem Gewehr schießt man die Zaehen nach der Reihe weg. Es gibt keinen Menschen, der so etwas aushalten wuerde. Alles was du weist und an was du dich erinnern kannst, wirst du erzaehlen. Was ist Leser, ist dir schlecht? Und du hast zu der Zeit Silvester gefeiert, bist zu deinen Freunden gegangen, bist, halbbesoffen, mit deinen Kindern den Berg runtergerutscht, bist aber nicht auf den Hauptplatz demonstrieren gegangen, mit der Forderung unsere Kaempfer zu retten, hast nicht warme Kleider gesammelt, hast kein Geld denen Russen gegeben, die von Tschetschenien fliehen mussten, hast nicht einen Teil deines weggesoffenen Geldes an Zigaretten fuer Soldaten ausgegeben. Deshalb verziehe nicht das Gesicht, sondern hoer die raue Wahrheit des Krieges an.
   - Also gut, trinken wir den Dritten, und dann schauen wir mal euren Schuetzen an, - sagte ich, und leerte den Rest vom Wodka in die Becher ein.
   Wir standen auf, nahmen die Becher, schwiegen einige Sekunden und dann, ohne etwas zu sagen, ohne anzustoßen, tranken wir aus. Der Dritte Tost - er ist der wichtigste bei den Militaers. Wenn bei den Zivilisten dieser Tost auf die "Liebe" ist , bei den Studenten auf irgendwas anderes, dann ist dieser bei den Militaers "auf die Gefallenen", und getrunken wird dieser Tost im Stehen, schweigend, ohne anzustoßen, und fuer einen Augenblick erinnert sich jeder an jene, die er im Kampf verloren hat. Ein schrecklicher Tost, aber auf der anderen Seite, weist du, wenn du stirbst, dann wird in fuenf Jahren, irgendwo weit im Osten, in irgendeiner gottvergessenen Garnison, ein gruenschnabeliger Leutnant oder im Stab eines angesehenen Militaerbezirkes, ein fetter Oberst einen Dritten Tost heben - und auf dich trinken.
   Wir tranken aus, ich schmiss ein Stueck Tuschonka, ein paar Knoblauchzaehen, ein Stueck "Offiziers Zitrone" - Zwiebel, in den Mund. In einem Krieg gibt es gar keine Vitamine, der Koerper verlangt aber die ganze Zeit danach, deshalb nannten wir den Zwiebel - "Offiziers Zitrone". Im Krieg isst man den immer und ueberall, der Geruch ist zwar fuerchterlich, aber wir haben ja keine Frauen, und an den Geruch gewoehnt man sich und bemerkt ihn nicht. Außerdem ueberdeckt er den widerlichen, dich immer verfolgenden Geruch der verwesten Leichen, der dich auseinander nimmt. Nachdem ich das Essen verzerrt habe, trank ich aus der Dose die Zuckermilch nach, nahm mir eine Zigarette aus der Packung des Kombats, die auf dem Tisch lag und ging als erster raus.
   Hinter mir folgten der Kombat und Ivan Iljin. Ungefaehr 30 Meter vom Eingang in den Keller standen Kaempfer, in einer Linie aufgestellt um den Panzer herum, und haben ueber irgendetwas laut diskutiert. Ich bemerkte, dass der Lauf des Panzers irgendwie ungewoehnlich nach oben schaute. Nachdem wir naeher kamen, sahen wir, dass vom Lauf ein gespannter Seil runterhaengt.
   Die Kaempfer bemerkten uns und machten uns den Weg frei. Tja, das Bild war natuerlich "farbenpraechtig" aber schrecklich, - am Ende des Seils hing ein Mensch, sein Gesicht war von den Schlaegen geschwollen, die Augen waren halboffen, die Zunge hing heraus, die Haende waren am Ruecken gebunden. Obwohl ich schon viele Leichen in letzter Zeit zu Gesicht bekam, mag ich sie trotzdem nicht, ich mag sie nicht, was soll man da machen.
   Der Kombat schrie die Kaempfer an:
   - Wer hat das gemacht! Wer, ihr Hurensoehne, ihr Arschgeburten?! (Die uebrigen sprachlichen Leckebissen werde ich lieber auslassen. Bitte irgendeinen Militaerangehoerigen, der nicht weniger als zehn Jahre bei der Armee war, zu schimpfen - dein Wortschatz wird sich, durch saemtliche Ausdruecke, enorm vergroeßern).
   Der Kombat wuetete weiter um die Wahrheit rauszubekommen, obwohl ich durch seinen Gesichtsausdruck verstand, dass er seine Kaempfer nicht verurteilte. Natuerlich tut es ihn leid, dass er den nicht selber aufgehaengt hat, aber man muss natuerlich eine Show vor den Stabsoffizieren abziehen. Sowohl ich, als auch die Soldaten wussten es. Genauso wissen wir, dass keiner der Kommandanten wegen einer solchen Geschichte, die Militaeranwaltschaft verstaendigen wird. Das alles blitzte in meinem Kopf auf, waehrend ich mir die Zigarette vom Kombat anzuendete. Ist schon komisch, nur einige Stunden zuvor gehoerten diese Zigaretten diesem Aufgehaengten, dessen Beine auf der Hoehe meines Gesichtes hin und her schwenken, danach dem schreienden Kombat, und jetzt rauche ich sie, und schaue mir dieses Spektakel an.
   Langsam wurde dieser Zirkus fuer mich langweilig und ich fragte die Soldaten, bei denen ich den Semen und den Kleber bemerkte:
   - Was hat er gesagt, bevor er verreckte?
   Und darauf platzen fast die Kaempfer. Einander unterbrechend, erzaehlten sie, dass "dieser Hurensohn" (der harmloseste der Ausdruecke) schrie, dass es ihn leid tut, dass er nur zweiunddreißig von "euch" erwischte.
   Die Kaempfer betonten besonders das Wort "euch". Ich merkte, dass sie die Wahrheit sagten, und wenn er vielleicht seine historische Phrase nicht gesagt haette, wuerde er moeglicherweise noch eine Zeitlang leben.
   Ploetzlich sagte einer der Kaempfer, dass alle zu lachen anfingen:
   - Er hat sich, Herr Hauptmann, selbst erdrosselt.
   - Mit gebundenen Haenden hat er die Schlaufe am aufgerichteten Lauf zugebunden und sprang danach vom Panzer, so etwa? - fragte ich, vom Lachen fast erstickend.
   Danach drehte ich mich dem Kombat zu:
   - Also gut, hol deinen Gehaengten runter, im Kampfbericht tragen wir ein, dass er Selbstmord begann, weil er große Gewissensbisse hatte, - ich spuckte den Zigarettenstummel aus und zerquetschte ihn mit der Sohle. - Das Gewehr werde ich aber fuer mich mitnehmen.
   - Nikolaitsch, - zum ersten mal redete mich der Kombat mit dem Vatersnamen an, - lass das Gewehr, immer wenn ich's anschaue dreht sich in mir alles um.
   Nachdem ich in seine flehenden Augen blickte, kapierte ich, dass es vergeblich war das Gewehr wegzunehmen.
   - Du bist mir was schuldig, und du, - sagte ich zum Ivan, - wirst der Zeuge sein.
   - Also, Nikolaitsch, danke, - schuettelte Palitsch mir kraeftig die Hand.
   - Wegen diesen Idioten musste ich unter Beschuss hierher kriechen, und jetzt muss ich noch zurueck marschieren.
   - Dann nimm ihn doch mit, sag, dass er waehrend eines Beschusses ums Leben kam, - scherzte der Ivan.
   - Geh zum Teufel, - antwortete ich ohne Zorn. - Nimm doch diesen Toten selber mit und schlepp ihn herum. Und solltet ihr so unvorsichtig sein und noch irgendjemanden in Gefangenschaft nehmen, dann schleppt ihn selbst in den Stab der Brigade oder erledigt ihn leise an Ort und Stelle. Und die Kaempfer, die ihn gefangen genommen haben, solltet ihr irgendwie belohnen. Das war's, wir gehen. Gibt einen Befehl, dass man uns ein paar Haeuserblocks begleitet.
   Wir gaben uns einen kraeftigen Haendedruck, der Kobat griff schnaufend in die Innentasche seiner Jacke und holte eine ungeoeffnete Packung "Marlboro" raus. Ich dankte und rief nach meinen Kaempfern:
   - Semen, "Kleber", wir verschwinden.
   Sie kamen rueber und richteten die Waffen.
   - Bereit? Hat man euch was zu essen gegeben?
   - Mann gab uns was zu essen und schenkte sogar einwenig Wodka ein, - antwortete Semen. - Die Munition haben wir auch aufgefuellt.
   - Na gut, Maenner, gehen wir, noch vor dem Einbruch der Dunkelheit muessen wir die eigenen Stellungen erreichen, - sagte ich und steckte ein neues Magazin ins Gewehr, waehrend ich die Jacke zumachte.
   Ich habe ein tolles Magazin gehabt: vom RPK (Kalaschnikov Hand-Maschienengewehr) habe ich zwei Magazine aufgetrieben. Diese koennen fuenfzehn Patronen mehr, als die Gewehrmagazine, aufnehmen, - 45 Stueck haben Platz in jedem. Steckt man sie verkehrt zusammen, bindet sie mit einem Isolierband fest, so hat man jederzeit 90 Patronen zur Verfuegung. Schade, dass ich ein Sturmgewehr Kaliber 5,45mm und nicht 7,62mm, so wie frueher, habe. Die Kugel vom Kaliber 5,45mm prallt sehr oft ab und verzieht sich stark, wenn man aber mit einer Kugel vom Kaliber 7,62 draufballert, dann ist alles vorbei. Es kursiert eine Geschichte herum, derer nach haben Amerikaner, waehrend des Vietnamkrieges, ihren Waffenkonstrukteuren berichtet, dass durch ihr Sturmgewehr M-16 es viele Verletzte, aber wenig Tote gibt (genauso ist es mit unseren Sturmgewehr AK-47 und AKM (modernisierte Variante)). Daraufhin kamen die Konstrukteure zu ihren Truppen auf das Schlachtfeld. Schauten einwenig herum und begannen sofort, an Ort und Stelle mit den Experimenten - sie bohrten auf der Spitze der Kugel ein kleines loch auf und loeteten eine Nadel hinein. Durch diese Manipulationen hat sich der Schwerpunkt der Kugel verschoben, und obwohl die Kugel dadurch im Flug viel instabiler wurde, und viel oefter abprallte, als die vorherige, hat sie beim Hineindringen in den Menschlichen Koerper fast seine gesamten Eingeweide aufgerollt. Der Gegner hatte weniger Verletzte, mehr letale Ausgaenge.
   Unsere Konstrukteure haben nichts originelleres gefunden, als den Amerikanern zu folgen, und ersetzten im Afghanistan den Kalaschnikov Kaliber 7,62mm mit Kaliber 5,45mm. Vielleicht gefaehlt er jemandem, nur nicht mir.
   Ich knuepfte mir die Jacke zu, nahm die Waffe in die Hand, wir sprangen einwenig auf und ab und schauten einander an.
  
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